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Hoch über den Dächern und tief unter dem Spielplatz

Schon als Kind bin ich in Bunkern herum geklettert, die sich unter einem Spielplatz befanden und habe mit den Jungs alte und verlassene Orte unsicher gemacht, die ich schon immer spannend und interessant fand. Ich möchte nicht wissen, was ich dabei zu jener Zeit in meiner kindlichen Unverdrossenheit alles angefasst und/oder eingeatmet habe, komme ich doch aus einem ostdeutschen Gebiet und Region, welches neben dem Süden jahrelang als europaweit größte Dreckschleuder galt.
Ich habe bis heute den Geruch von „faulen Eiern“ in der Nase, wenn es mit dem Zug über Bitterfeld-Wolfen nach Leipzig ging. Gelbe Mond- und Smoglandschaften, was Schwefel und Kohlengas war.

Foto: Jens Krone, Brauerei in Köpenick

Geschichte hat mich schon immer interessiert. Zu DDR-Zeiten war ich als Pionier in der AG Geschichte. Diese wurde geleitet von einem ehemaligen Chronisten, bei dessen Sohn ich viele Jahre später im Heimatverein tätig war. Dort fertigte ich Fotografien für historische Vergleiche (Refotografie), u.a. von Bauernhöfen, Fachwerkhäusern oder z.B. die Junkers-Werke. Ich lernte die Zusammenarbeit mit dem Stadt- und Landesarchiv kennen und stellte unterschiedliche Flyer und Hefte her.

Urban Exploring begann ich erst so richtig, seitdem ich in Berlin lebe. Meine fotografischen Streifzüge in der Zeit davor würde ich in Industriearchitektur/Industriekultur (Tagebaue, Ziegelfabriken, ehemalige VEB-Betriebe etc.) einkategorisieren.
Seit 2013 habe ich (ich nenne es: altersbedingt) schleichende Höhenangst bekommen, was freie Klettertouren betreffen, wenn der Boden unter den Füßen fehlt. Die Zeiten in luftiger Höhe sind also vorbei. Ich werde langsam zahm. 😉
Lost Places, die damit verbundene Architektur und der Charme des Morbiden interessieren mich fotografisch & geschichtlich, aber auch der „Art in Abandoned“ wegen, womit ich die so genannten Urbex-Graffiti meine. Seit 2007 lebe ich in Berlin und betreibe, wie man es vielleicht schon erahnen kann: auch Streetart-Fotografie.

Vom Leid des Hype

Urban Exploring hat für mich nichts mit Extrem-Hobby zu tun, wie das vereinzelt immer wieder so (von Medien) veräußert wird. Dann hätte ich als Kind schon Extremist sein müssen. 😉 Ich mache das weder des „Kicks“, noch des Adrenalinspiegels wegen, sondern weil es Entschleunigung ist. Weil man in Gebäuden zur Ruhe findet, aber diese dort auch antrifft. Verbunden mit Natur und konzentriertem Arbeiten: ein Traum!
Der neumodische Name Urban Exploration hatte früher mal etwas mit Subkultur zu tun. Aufgrund dessen, das die Locations nicht preis gegeben wurden und man sich anfangs nur in geschlossenen Foren austauschte, entstand kein Druck und man war eher unter sich. Die tatsächliche Urbexer-Szene, die man nicht in den sozialen Medien fand.

unterwegs mit P. Nepp

Mittlerweile ist Urban Exploring ein regelrechter Hype und chic geworden, vor allem aber zu einem virtuellem Wettbewerb, zur Location-Tauschbörse, zum Tummelplatz und zur Plattform für Selbstdarsteller, die aber keine tatsächlichen Urban Explorer sind und eine Informationsflut an neuen Locations (teils mit Daten) bereit stellen, was oftmals sehr ärgerlich ist.
Auch das führt dazu, das Locations zerstört werden, denn es gibt nicht nur Interessierte, die ein Lost Places nur der Fotografie wegen aufsuchen wollen. Die Zerstörung ist damit vorprogrammiert.

Mein Credo

Bei mir ist es ein Mix aus dem Versuch, ein paar wenige anspruchsvolle Fotos in den Kasten zu bekommen und vergangene Zeiten dokumentarisch mit geschichtlicher Recherche zu den Objekten festzuhalten. Wenn ich es nicht zum anspruchsvollen Foto geschafft haben sollte, reicht dieses aber allemal noch zum dokumentarischen Zweck! 😉
Spaß soll es vor allem machen, mein Hauptcredo in fast allen Dingen des Lebens! Es ist einfach nur ein Hobby und ein Hobby betreibt man nicht aus Zwang, sondern aus dem Spaß und der Leidenschaft daran.

Nebenbei interessiert mich aber auch generell die Architektur, was sich in diesen Blog wunderbar ergänzen lässt, denn mit dem besuchen von Lost Places ist es bei mir etwas ruhiger geworden.
Vor einiger Zeit habe ich damit angefangen, DDR-Objekte oder generell DDR-Architektur anhand verschiedener Objekte festzuhalten; ein noch immer fortlaufender Prozess, der auch noch länger andauern wird, weil Berlin einfach mal viel davon anzubieten hat.
Dazu gehören neben bekannten Bauten auch ehemalige Grenzanlagen (Mauerrelikte), was oftmals auch fließend in den Bereich der Streetart und des Urban Exploring einher geht und bis heute das Stadtbild prägt.

JR 2013 am ehemaligen Gelände des Ministerium für Bauwesen, Städtebau und Wohnungswirtschaft der DDR in der Scharrenstraße/Breite Straße in Berlin-Mitte

Info & Distanzierung

Ich bin weder Schatzsucher, Militaria- oder Munitionssammler noch Abenteurer oder „Schleicher“, sondern verstehe mich eher als „Geschichtskundler“. Eng daran geknüpft sind Objekte aus DDR-Zeiten, die immer noch sehr viel Geschichte preis geben und natürlich erhoffe ich mir bei jedem besuchten Lost Places, so genannte Urbex-Graffiti zu finden.
Menschen, die Kriegshandlungen und vor allem die NS-Zeit verharmlosen, verherrlichen oder glorifizieren, gibt es leider immer wieder. Hiermit möchte ich nichts zu tun haben und distanziere mich klar davon.

Lost Places werden von mir nicht bekannt gegeben. Außnahmen sind bereits seit Jahren bekannte Hotspots – so genannte „In-Locations“, öffentliche Industriedenkmale oder Objekte, die mit einer Neunutzung aus den Lost Places fallen oder gar abgerissen wurden. Hier füge ich nachträglich die Daten plus die Informationen rund um das Gebäude/Objekt ein.

nette Überraschungen beim erkunden eines Gebäudes mit Stereotopie; wie für mich gemacht 😉

Interview in 2011

2011 hatte ich mich einmal dazu hinreißen lassen, ein Interview zu geben, was ja überhaupt nicht mein Ding ist. Aber gut.
Erschienen im damaligen Furios Campus-Magazin der FU Berlin:


Foto im Header: Christian D. (2013), FAQ-Text, leicht abgewandelt: Iamlost.de (starke Seite!)